Diskriminierende Bewerbungsabsage

Eine Frau bewarb sich bei einem lokalen Radiosender als Buchhalterin. Sie erhielt eine Absage mit der sie auch ihre Bewerbungsunterlagen zurückerhielt. Auf dem zurückgesandten Lebenslauf bemerkte die Frau eine handschriftliche Notiz. Neben der Textzeile „verheiratet, 1 Kind“ befand sich der handschriftliche Vermerk eines Mitarbeiters des Radiosenders „7 Jahre alt!“. Die so entstehende Wortfolge, „1 Kind, 7 Jahre alt!“ wurde durchgängig unterstrichen.
Die Frau sah hierin einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und verklagte den lokalen Radiosender auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 3.000,-- €.

Das Landesarbeitsgericht Hamm schloss sich der Auffassung der Bewerberin an und verurteilte den lokalen Radiosender zur Zahlung der Entschädigung in Höhe von 3.000,-- € nach § 15 Abs. 2 AGG. Zunächst stellte das Landesarbeitsgericht Hamm fest, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auf den Fall anwendbar ist. Als Bewerberin sei die Frau „Beschäftigte“ nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alternative
1 AGG. Da die Beklagte um Bewerbungen um das von ihr angestrebte Beschäftigungsverhältnis nachgesucht habe, sei „Arbeitgeberin“ im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG (so auch BAG, Revisionsentscheidung 18.09.2014, Az. 8 AZR 753/13).

Vorliegend habe der Radiosender eine Verbindung zwischen der angestrebten Anstellung und der Aufgabe der Kinderbetreuung hergestellt, was sich aus dem handschriftlichen Zusatz „1 Kind, 7 Jahre alt!“ auf den Bewerbungsunterlagen und der Absage ohne die Möglichkeit eines Vorstellungsgespräches ergebe. Das der Umstand, dass die Bewerberin ein 7-jähriges Kind hat, für die „Arbeitgeberin“ relevant gewesen sei, werde dadurch belegt, dass sie diese Information unterstrichen und mit Ausrufezeichen versehen habe. Zudem habe der Radiosender das Alter des Kindes selbst ermittelt, da es in dem Lebenslauf der Bewerberin nicht angegeben war.

Von Seiten des Radiosenders sei weder dargestellt noch bewiesen worden, dass dieses entsprechende Überlegungen bei allen sich bewerbenden Elternteilen angestellt habe. Damit ergebe sich die Vermutung, dass der handschriftliche Vermerk zu Lasten der Bewerberin auf die herkömmliche Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen bezogen sei und die „Arbeitgeberin“ die Problematik von Berufstätigkeit und Vereinbarkeit der Kinderbetreuung nur als Einstellungshindernis bei Frauen/Müttern geprüft habe, jedoch nicht bei Männern/Vätern.

Des Weiteren sei von dem Radiosender unterstellt worden, dass die Bewerberin sich um die Erziehung des Kindes kümmere und nicht der Ehemann. Hieraus folge, dass die Mutter nicht nur als Bewerberin, sondern auch wegen ihres Geschlechtes diskriminiert wurde. Aus diesem Grunde stand ihr die geltend gemachte Entschädigung zu.
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 11.06.2015, Az. 11 SA 184/15

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Ihre Nicolette Thönnes
Fachanwältin für Arbeitsrecht in Koblenz


Eingestellt am 22.02.2016 von N. Thönnes
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