Müssen Arbeitnehmer sonntags den Briefkasten überprüfen?

Nachfolgender Sachverhalt zeigt, dass auch Anwälte in eigenen Sachen Fehler machen:

Ein Rechtsanwalt hatte mit seiner Rechtsanwaltsfachangestellten eine Probezeit bis zum 30.11.2014 vereinbart, der auf einen Sonntag fiel. An jenem 30. November 2014, einem Sonntag, kündigte der Rechtsanwalt dieser Rechtsanwaltsfachan-gestellten zum 15. Dezember 2014 und ließ das Kündigungsschreiben durch einen Boten noch am gleichen Tag in den Hausbriefkasten der Angestellten einwerfen. Die Angestellte nahm das Schreiben erst am Folgetag/Montag, den 01.12.2014 aus dem Briefkasten.

Die Parteien streiten in einem Arbeitsgerichtsprozess, zu wann das Arbeitsverhältnis seine Beendigung gefunden hat. Erfolgte die Kündigung noch in der Probezeit, so konnte der Anwalt seiner Angestellten mit der gesetzlichen Kündigungsfrist von zwei Wochen kündigen. Bei einer Kündigung nach der Probezeit kann nur mit einer Frist von mindestens vier Wochen zum 15. oder Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat der Angestellten Recht gegeben. Es vertritt die Auffassung, dass die Kündigung dieser erst nach Ablauf der Probezeit, nämlich am Montag, den 01. Dezember 2014 zugegangen sei. Aus diesem Grunde sei das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der längeren gesetzlichen Kündigungsfrist außerhalb der Probezeit erst zum 31. Dezember 2014 zu beenden gewesen. Selbst wenn das Kündigungsschreiben bereits am Sonntag, den 30. November 2014, in den Briefkasten der Angestellten gelegt worden sei, ginge die Kündigung der Mitarbeiterin nach Ansicht des Gerichts frühestens am folgenden Werktag zur üblichen Postleerungszeit zu.

Hierzu führt das Gericht aus:
„……… Die Kündigung als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung entfaltet ihre Wirkung erst mit Zugang beim Empfänger, d.h. der Klägerin, § 130 Abs. 1 BGB. Zugegangen ist die Kündigungserklärung, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass dieser sich unter normalen Umständen von ihrem Inhalt Kenntnis verschaffen kann und wenn die Kenntnisnahme nach den Gepflogenheiten des Verkehrs von ihm erwartet werden muss. Wird das Kündigungsschreiben in den Briefkasten zu einer Tageszeit eingeworfen, bei der eine Briefkastennachschau verkehrsüblich nicht mehr zu erwarten ist, geht die Kündigungserklärung erst am nächsten Tag zu ………..“

Arbeitnehmer müssen demnach ihren Briefkasten am Sonntag grundsätzlich nicht überprüfen. Dies gelte selbst dann, wenn an diesem Tag die Probezeit abläuft und bekannt sei, dass der Arbeitgeber auch sonntags arbeite. Das am Wochenende Wochenblätter verteilt werden, sei nicht mit dem Zugang von Briefpost vergleichbar.
Landesarbeitsgericht Schleswig Holstein Urteil vom 13.10.2015, Az. 2 Sa 149/15

Haben Sie Fragen zu diesem Thema? Dann nehmen Sie bitte hier Kontakt auf oder rufen sie unter Telefonnummer 0261/914 599-25 an.



Eingestellt am 01.03.2016 von N. Thönnes
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