Rechtfertigt eine 13-minütige Verspätung eine Abmahnung?

Ein aktueller Fall aus dem Arbeitsrecht
Als eine Arbeitnehmerin 13 Minuten zu spät zur Arbeit erschien, sprach der Arbeitgeber, obwohl es sich um den ersten Verstoß dieser Art handelte, sofort eine schriftliche Abmahnung aus. Diese wurde auch in die Personalakte aufgenommen. Diese Haltung hielt die Arbeitnehmerin für überzogen und setzte sich zur Wehr.

Das Arbeitsgericht Leipzig gab der Arbeitnehmerin in vollem Umfange Recht:

Zwar könne der Arbeitgeber grundsätzlich eine Abmahnung aussprechen, wenn der Arbeitnehmer gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt. Hierzu zählt auch die Pflicht des Arbeitnehmers, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Gegen diese Verpflichtung habe die Arbeitnehmerin auch mit der nur 13-minütigen Verspätung verstoßen. Dies stelle jedoch nur ein geringfügiges Fehlverhalten dar, sodass die ausgesprochene Abmahnung nicht verhältnismäßig sei. Dem Arbeitgeber stünden hier nämlich andere „Sanktionsmittel“, nämlich eine einfache Ermahnung zur Verfügung. Der Arbeitgeber musste die Abmahnung aus der Personalakte wieder entfernen.
ArbG Leipzig, Urteil vom 23.07.2015, Az. 8 Ca 532/15

Als Fachanwältin für Arbeitsrecht in Koblenz, kann ich Ihnen aufgrund des vorgenannten Urteils folgendes empfehlen:
Abmahnungen im Arbeitsrecht spielen oft im Vorfeld von Kündigungen eine wesentliche Rolle. Ist das Arbeitsverhältnis aus welchen Gründen auch immer getrübt, sucht der Arbeitgeber möglicherweise nach Gründen, einen ihm unbequemen Arbeitnehmer „loszuwerden“. In diesen Phasen wird in der Regel das Verhalten des Arbeitnehmers besonders vom Arbeitgeber beobachtet und ein mögliches Fehlverhalten zum Anlass des Ausspruches einer sogenannten Abmahnung genommen.
Was ist eine Abmahnung?
In der Abmahnung, die nicht als solche bezeichnet werden muss, beanstandet der Arbeitgeber ein Verhalten des Arbeitnehmers als Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten. In der Abmahnung muss das Verhalten, das der Arbeitgeber beanstandet, im Detail aufgeführt sein. Gleichzeitig muss der Arbeitgeber auch deutlich machen, welches Verhalten er von seinem Arbeitgeber erwartet. Dies kann entweder in der Art und Weise erfolgen, dass der Arbeitgeber das von ihm gewünschte Verhalten beschreibt oder den Arbeitnehmer auffordert, dass unerwünschte Verhalten zukünftig hin zu unterlassen. Mit den vorgenannten Angaben erfüllt der Arbeitgeber die Hinweisfunktion der Abmahnung.

In einer Abmahnung muss jedoch auch die Ankündigung enthalten sein, dass im Falle der Wiederholung des Pflichtverstoßes der Arbeitnehmer mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hat. Der Arbeitnehmer muss also vom Arbeitgeber gewarnt werden, dass im Wiederholungsfalle gegebenenfalls eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zur Diskussion steht.

Ist die Abmahnung ordnungsgemäß erfolgt, so kann – falls der Arbeitnehmer das beanstandete Verhalten nochmals zeigt bzw. seine Pflichten nochmals verletzt – eine verhaltensbedingte Kündigung hierauf gestützt werden. Entgegen einem weitverbreiteten Irrglauben ist für den Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung auch nur eine Abmahnung erforderlich und nicht drei Abmahnungen. Hat der Arbeitnehmer dahingegen in eklatanter Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen (z. B. durch einen Diebstahl, Veruntreuung pp.) kann eine Abmahnung verzichtbar sein.

Im Hinblick auf die Bedeutung der Abmahnung ist es sinnvoll, sich gegen diese bereits zur Wehr zu setzen, wenn diese unberechtigt ist. Dies vor allem unter dem Aspekt, dem Arbeitgeber nicht die Möglichkeit zu verschaffen, formal die Voraussetzungen für den Ausspruch einer Kündigung zu schaffen. Unter Umständen kann es taktisch auch sinnvoller sein, die Abmahnung zunächst nicht anzugreifen und im Rahmen eines möglichen Kündigungsschutzverfahrens in die arbeitsgerichtliche Überprüfung mit einzubeziehen. Dies hängt jedoch von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab.

Sind auch Sie als Arbeitnehmer mit einer Abmahnung konfrontiert oder wollen Sie als Arbeitgeber Sicherheit darüber erlangen, dass die von Ihnen beabsichtigte Abmahnung auch einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung Stand hält, dann nehmen Sie hier Kontakt auf oder melden sich telefonisch unter 0261/914 599-25.



Eingestellt am 20.06.2016 von N. Thönnes
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