Sind die Kosten für Kindertagesstätte neben dem Tabellenunterhalt zu zahlen?

Dem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein nicht verheiratetes Paar trennte sich. Die alleinsorgeberechtigte Mutter zog daraufhin mit dem gemeinsamen Sohn, der an Epilepsie leidet, in die Schweiz. Dort besuchte das Kind halbtags eine Kindertagesstätte und die Mutter nahm eine
60%-Stelle an. Die Eltern waren sich einig, dass der Sohn Unterhalt nach der „Berliner Tabelle“ erhält, jedoch nicht über die zusätzliche Zahlung der Kindertagesstätte, worauf die Mutter im Namen ihres Sohnes vor Gericht Klage einreichte.

Die Kosten für die Kindertagesstätte sind zum Bedarf des Kindes hinzu zu rechnen unabhängig davon, ob das Kind die Kindertagesstätte halb- oder ganztags besucht. Die Betreuung eines Kindes in der Kindertagesstätte würde nicht zu dem Zweck vorgenommen, der Mutter eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen, sondern diene vor allem den erzieherischen Maßnahmen, wie eine fürsorgliche Betreuung und Förderung sozialer Verhaltensweisen. Zudem werden die Bildungsmöglichkeiten gewährleistet und das Kindeswohl gefördert. Aus diesem Grunde seien die Kosten des Kindergartens dem Bedarf des Kindes zuzurechnen.

Bei den Kosten für die Kindertagesstätte handele es sich unterhaltsrechtlich um einen Mehrbedarf. Als Mehrbedarf ist derjenige Teil des Lebensbedarfes eines Kindes anzusehen, der regelmäßig während eines längeren Zeitraums anfällt und das Übliche derart übersteigt, dass er als Bedarfsposition im Grundbedarf (Regelbedarf) nach der Berliner Tabelle/Düsseldorfer Tabelle nicht enthalten ist. Der BGH hatte lange Zeit die Auffassung vertreten, der Kindergarten- bzw. Kindertages-stättenbeitrag stelle keinen Mehrbedarf des Lebensbedarfs des Kindes dar, da der Halbtagsbesuch einer Kindertagesstätte zum Regelbedarf gehöre. An dieser Auffassung hält der BGH mit der vorliegenden Entscheidung nicht mehr fest. Dieser vertritt vielmehr die Auffassung, dass nunmehr die Kosten für die Kindertagesstätte als Mehrbedarf anzusehen seien unabhängig, ob das Kind einen Halbtags- oder Ganztagsplatz einnehme. Der BGH begründet seine Auffassung damit, dass der § 1612 a BGB neu gefasst worden sei und der Mindestunterhalt sich nun nach dem steuerlichen Existenzminimum richte. Damit sind die Kindergartenbeiträge Kosten, die sozusagen über das Existenzminimum hinausgehen und damit auch im Mindestunterhalt des Kindes nicht enthalten sein könnten.

Entgegen der Kosten für die Kindertagesstätte zählen die Verpflegungskosten nicht zum Mehrbedarf des Kindes. Diese Kosten der Verpflegung werden vielmehr mit dem Tabellenunterhalt abgegolten, da es sich hierbei um ersparte Aufwendungen handele. Dies deshalb, weil das Kind, weil wenn es die Kindertagesstätte nicht besucht, von den Eltern selbst verpflegt werden müsste und die Eltern diese Kosten ebenfalls aus dem Tabellenunterhalt zu zahlen hätten.

Der BGH weist des Weiteren daraufhin, dass der verbleibende Betrag für den Mehrbedarf von beiden Elternteilen anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen zu tragen sei.
BGH, Urteil vom 26.11.2008, Az. XII ZR 65/07

Haben Sie Fragen zu diesem Thema? Dann nehmen Sie bitte hier Kontakt auf oder rufen sie unter Telefonnummer 0261/914 599-25 an.



Eingestellt am 02.03.2016 von N. Thönnes
Trackback

Kommentar hinzufügen:

Ihr Kommentar wird nach Überprüfung veröffentlicht.
Ihre persönlichen Daten werden nicht angezeigt.
Ihr Name:
Ihr Kommentar:
Registrieren: E-Mail Benachrichtigung bei neuen Kommentaren.
Registrierte Nutzer können Benachrichtigungen per Email
anfordern, unseren Newsletter abonnieren und weitere
Informationen erhalten.
Spamschutz: Bitte geben Sie die Zeichen auf dem Bild ein.
Neu laden

Wie viele Zeichen befinden sich im Bild?


Bewertung: 0,0 bei 0 Bewertungen.
Wie hilfreich fanden Sie diese Informationen?
(1=wenig hilfreich, 5=sehr hilfreich)