Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe

Was früher unter dem Begriff „Armenrecht“ bekannt war, trägt heute den Namen Prozesskostenhilfe bzw. in Familiensachen Verfahrenskostenhilfe.

Personen, die aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage sind, die Kosten eines Gerichtsverfahrens zu tragen, können Verfahrenskostenhilfe bzw. Prozesskostenhilfe für ein solches Gerichtsverfahren beantragen. Prozesskostenhilfe kann für Verfahren vor den Zivilgerichten (Amts- und Landgerichten sowie Oberlandesgerichten), Arbeits- und Sozialgerichten sowie den Verwaltungsgerichten und sogar für Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht beantragt werden. In Strafverfahren wird Prozesskostenhilfe nur eingeschränkt gewährt, nämlich den sogenannten Nebenklägern oder Adhäsionsklägern sowie den Antragstellern im Klageerzwingungsverfahren.

Im Rahmen des Prozesskostenhilfe- bzw. Verfahrenskostenhilfeverfahrens wird zum einen geprüft, ob der Antragsteller über Einkünfte und Vermögen verfügt, welche ihn nicht in die Lage versetzt, die Kosten eines Gerichtsverfahrens zu tragen. Dabei muss der Antragsteller wahrheitsgemäß über seine Einkünfte sowie sein Vermögen Auskunft erteilen. Hat der Antragsteller entsprechende Einkünfte oder Vermögenswerte, so sind diese vorrangig einzusetzen. Ebenso hat Vorrang vor der Verfahrenskostenhilfe ein möglicher Anspruch des Antragstellers auf Verfahrenskostenvorschuss.

Neben den persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen ist für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auch erforderlich, dass die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Um diese Voraussetzung überprüfen zu können, prüft das Gericht summarisch, ob das beabsichtigte Gerichtsverfahren oder die Verteidigung gegen ein solches Erfolgsaussichten hat. Ist für das Gericht nicht absehbar, ob ein Verfahren zu einem Gewinnen des Antragstellenden führt, weil z. B. Beweise erhoben werden müssen, so wird in diesem Falle in der Regel Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe vom Gericht bewilligt.

Kommt das Gericht bei der summarischen Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Klage nur teilweise Erfolg hat, so kann Verfahrenskostenhilfe/Prozesskostenhilfe auch nur teilweise bewilligt werden.

Zudem darf die Rechtsverfolgung nicht mutwillig sein. Als mutwillig ist ein Gerichtsverfahren dann anzusehen, wenn eine wirtschaftlich besser gestellte und verständige Person die Klage trotz bestehender Erfolgsaussichten nicht erheben würde. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Kosten in keinem Verhältnis zu dem Klageziel stehen.

Wird Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe bewilligt, so umfasst diese die eigenen Anwaltskosten sowie die Gerichtskosten. Nicht erfasst werden hiervon die Anwaltskosten der Gegenseite. Dies hat zur Konsequenz, dass wenn ein Gerichtsverfahren mit einem nur teilweisen oder gar keinen Erfolg zu Ende gebracht wird, auch derjenige, dem Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, die Anwalts- und Gerichtskosten der anderen Partei zu tragen hat. Die Bewilligung von Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe hat mithin nicht die völlige Kostenfreiheit des Verfahrens für den Antragstellenden zur Folge.

Eine Ausnahme gilt bei arbeitsgerichtlichen Verfahren. In den arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz trägt jede Partei ihre Kosten selbst, einen Kostenerstattungsanspruch gibt es hier nicht. Etwas anderes gilt jedoch für ein eventuelles Berufungsverfahren.

Wird die Verfahrenskostenhilfe abgelehnt, so ist es möglich, mit der sofortigen Beschwerde die ablehnende Entscheidung überprüfen zu lassen. Jedoch ist eine Überprüfung durch das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nicht möglich, wenn der Streitwert der Hauptsache 600,-- € nicht übersteigt, soweit das Gericht nicht lediglich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint hat. Kein Rechtsmittel ist auch gegen eine ablehnende Prozesskostenhilfeentscheidung gegeben, wenn gegen eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren kein Rechtsmittel mehr möglich wäre oder die Beschwerde durch ein Gesetz ausgeschlossen ist.

Auch nach Abschluss des Gerichtsverfahrens ist die Frage der Prozesskostenhilfe nicht endgültig geregelt. Die Prozesskostenhilfeentscheidung kann auch 4 Jahre nach Abschluss des Verfahrens geändert werden. In diesem Zeitraum werden in der Regel die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse desjenigen, der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe in Anspruch genommen hat, überprüft. Je nach der aktuellen Einkommens- und Vermögenssituation desjenigen, der Verfahrenskostenhilfe/Prozesskostenhilfe in Anspruch genommen hat, kann das Gericht die ursprüngliche Entscheidung ändern, indem es entweder eine Ratenzahlung oder eine Einmalzahlung anordnet. Auch können bereits festgesetzte Raten hinsichtlich ihrer Höhe eine Änderung erfahren. Wirkt die Partei, die Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe in Anspruch genommen haben, beim Überprüfungsverfahren nicht mit, z. B. indem sie die Auskünfte verweigert, kann dies zur Aufhebung der Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe führen.
In diesem Falle sind alle entstandenen von der Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe getragenen Kosten der Staatskasse zu ersetzen.


Rechtsanwältin
Nicolette Thönnes

Fachanwältin für Familienrecht und Arbeitsrecht Nicolette Thönnes

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